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RE: West-Ost-Gedanken 1958 bis 1989 (von Barbara)

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Zitat von grenzgaengerin im Beitrag #101Liebe Barbara,ich kann die Angst des Einzelnen sehr gut verstehen. Auch das diese Angst vorheriger Generationen auf die nachkommende übertragen wird. Insbesondere, wenn Familienangehörige unmittelbar Betroffene waren. Der Verlust der Heimat, wie im übrigen jeder Verlust, kann traumatisch sein und neue Angst(Feind)bilder entstehen lassen. Und ich bin die letzte, die das nicht respektieren würde. Zumal es Millionen waren, die während des Nationalsozialismus und in der Zeit der „Neuorientierung“ nach Kriegsende Verluste erlitten haben. Auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze.Und diese „Grundangst“ vor Verlusten ist immer wieder neu befeuert worden und wird es noch heute. Auch wenn die Feindbilder nicht mehr so greifbar sind wie früher. Die heutigen Ängste sind die Angst vor Armut, die Angst vom Konsum ausgegrenzt zu werden, die Angst vor der Energiewende, die mit steigenden Energiepreisen daher geht, die Angst vor steigenden Mieten. Alles zwar sehr persönliche Ängste, die aber unmittelbar die Grundbedürfnisse des Menschen berühren. Diese „unbestimmte Angst“ vor diesen Verlusten ist heute mehr denn je ausgeprägt. Ich finde diese Angst lähmend, da man sich dem „System“ mehr oder weniger ergibt. Ist nun das heutige System, das mehr oder weniger durch die Finanzwirtschaft bestimmt wird und wo Profit vor Menschenwürde steht, das Feinbild? Nein. Es sind die, die dieses System durchbrechen wollen. Das Feindbild sind unter anderem die LINKEN, die zugegebener maßen Konzepte vorlegen, die zumindest eine Diskussionsgrundlage bilden könnten. Doch was passiert? Statt sich konzeptionell damit auseinander zu setzen, wird das „alte Feinbild“ wieder vor geholt und die unbestimmten Ängste wieder „umgelenkt“.In Anlehnung an Rainer Werner Fassbinders Film wage ich zu behaupten: „Angst essen - deutsche - Seele auf“.Liebe Barbara,ich verstehe Dich persönlich sehr gut und auch wie Du versuchst nachzuspüren, warum die ehemalige „DDR“ und vor allem die Menschen, die in diesem Land gelebt haben, ein „unbekanntes Land“ sind. Und ich freue mich immer wieder, wenn Du Gemeinsamkeiten entdeckst. Für mich ist auch einiges neu. So habe ich zum Beispiel noch nie so intensiv über die „kollektive“ Angst der Deutschen nachgedacht. Wahrscheinlich auch deswegen nicht, weil die Ängste meiner Großmütter, die zweifellos auch vorhanden waren, mich eher angetrieben haben, zu hinterfragen.Auch habe ich die „Westdeutschen“ eher als mutig empfunden, wenn sie sich gegen die Sprachlosigkeit gewehrt haben, wie z.B. die 68-ger, oder gegen die Atomkraft und ihre Folgen in Gorleben oder gegen den NATO – Doppelbeschluss. Ich werde die Bilder von Bonn nie vergessen. Mut und Angst haben sich bei mir einfach ausgeschlossen. Ich habe Deinen Beitrag in keinster Weise als Angriff auf die „ehemalige“ DDR verstanden. Sondern viele Beiträge vor Deinen haben mich mürbe gemacht, denn unsere gemeinsame Geschichte bestand nicht nur aus Westpaketen, Westkaffee, usw. Ich war es einfach leid, immer wieder darauf reduziert zu werden.So jetzt trinke ich eine „Krönung“ und werde mit der Zubereitung einer fleischlosen Mittagsmahlzeit beginnen. Fleischlos nicht wegen „neuer“ Ängste, sondern, weil die Atheistin schon seit Jahren in der Fastenzeit verzichtet. Ein Widerspruch? Für mich nicht. Ein weiterer Aspekt, den man in unserer Diskussion nicht vergessen sollte. Wie hat der Glaube Einfluss auf die Menschen genommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die katholische Kirche mächtig gegen die DDR gewettert hat, als in den 70 -gern der 218-er abgeschafft wurde. http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_%C3%...SchwangerschaftLG von der grenzgaengerinLiebe Grenzgängerin,ja sehr richtig, das kollektive Gefühl in einer Gesellschaft wird weiter gegeben – wenn es nicht bewusst gemacht wird – immer weiter und weiter ...Bei der deutschen Kriegsgeneration kam zu diesem Horror noch etwas weiteres hinzu – nämlich Schuld. Als der Krieg zu Ende war zu realisieren, in welchem unvorstellbaren Ausmaß Deutschland sich schuldig gemacht hatte – unabhängig von der persönlichen Schuld des Einzelnen.Die Stunde Null der Menschlichkeit. Und Europa in Schutt und Asche. Das ist unser gemeinsames Erbe.Vor diesem Hintergrund wurden die beiden deutschen Staaten gegründet, und das ja auch nicht in „freier Selbstbestimmung der Völker“ sondern als Teil eines jeweiligen Systems.(Es wäre ja ein interessantes Planspiel, sich mal vorzustellen, wie Deutschland sich nach dem Krieg entwickelt hätte, hätten die Alleierten sich komplett zurück gezogen....)Was ich im obigen Beitrag über diese „unbestimmte Angst“ bzw. „Unbehagen“ sagte, ist natürlich sehr subjektiv, mancher Wessi, der das liest wird vielleicht denken, sie hat sie nicht alle, aber es ist eben mein Erleben, das sich offenbar so eindrücklich bei meinem Berlin-Besuch ins Bewusstsein gedrängt hat, dass ich mich letztlich in diesem Forum angemeldet habe.Die „Grenze“, hat neben ihrer geografischen und politischen Dimension auch eine subjektiv psychische, sie ist auch eine Metapher – für mich auf jeden Fall. Sie hat ganz persönlich für mich eine Bedeutung, der ich versuche auf die Spur zu kommen. Ich habe den Eindruck, dieses unterliegt auch anderen Beiträgen hier – ganz unterschwellig. Ich bin keine Psychologin und will auch nicht rum-psychologisieren, aber ich halte diesen Aspekt auch für sehr wichtig. In der BRD hat viel später als in der DDR die Aufarbeitung über den Nazionalsozialismus begonnen, bei uns ist ganz klar verdrängt worden – aufbauen, anschaffen, vergessen. Der „fröhliche Aufbau“ als ob nie was gewesen wäre. Das ist das große Verdienst der 68er, sie haben angefangen ihre „Väter“ anzuschreien, sie haben angefangen das Gras raus zu reißen, das über die NS-Zeit wachsen sollte, sie haben die Erde umgewühlt- Gott sei Dank!Ich hatte das große Glück, dass meine Mutter ein unerschöpflicher Quell an Erzählung war über die Nazizeit war, sie war junge Frau und Krankenschwester damals - was die erlebt haben in den Lazaretten, mit 17, 18 Jahre.... Im Bombenhagel. Und sie hatte den Bücherschrank voll mit „Widerstandsliteratur“, die ich als Jugendliche verschlungen habe – und habe Schuld empfunden! Ich! Ich habe das für mich durchgearbeitet, mich sehr stark damit auseinander gesetzt. Ich gehe heute nicht mit gesenkten Kopf deswegen, aber ich werde immer dazu stehen, wenn es wichtig ist: ja, das ist Teil meiner Geschichte, es gehört zu mir, zu uns.Neulich sagte mir mal eine ausländische Freundin: wenn man euch Deutsche von außen betrachtet, ihr seid nicht einfach. (Aha? ) Aber ein Land, dass das Mahnmal der größten historischen Schuld unmittelbar neben das eigene Parlament stellt hat meine ganze Hochachtung. ----- Ich war in dem Augenblick – ja – stolz? Kann man hier „stolz“ sagen? Ich weiß es nicht. Anerkennung von Wahrhaftigkeit.....Es ist sehr schön, dass du schreibst dass du die West-Deutschen auch als mutig empfunden hast. Ja, wir sind für vieles auf die Straße gegangen, die 70er Jahre waren insgesamt ein großer Aufbruch!Es ist deswegen besonders schön, weil ich in diesem Forum auch einigen Klischees über die Wessis standhalten muss, das kann ich aber deshalb, weil ich weiß, dass ich zum Einen nicht persönlich gemeint bin und zum Anderen ist es einfach ein historischer Ausgleich wenn man so will. Aber meine Intention ist – weg von diesen Klischees! Sich gegenseitig die „eigene Welt“ erzählen, das gelebte Leben – „Aha- so war das!“ sagen können – verstehen, von einander lernen....Denn natürlich haben wir mehr Gemeinsames als Trennendes: wir sind Menschen, die Liebe, Geborgenheit, Anerkennung brauchen und geben wollen. Wir sind „tüchtige, fleißige“ Deutsche (so das Auslandsklischee :-) , das ich persönlich einfach positiv auffasse). Wir haben einen unglaublichen Schatz an Kultur, wir sind erfindungsreich und kreativ – und können ganz schön was aushalten...Wir sind in der Lage Intelligenz in Klugheit zu wandeln – wenn wir das wollen.(Natürlich gilt das oben Gesagte auch für alle anderen Menschen auf der Welt!)Ich weiß, dass du mich verstehst! Wir sind im Gespräch – in der allerbesten Bedeutung des Satzes! Alle! Machen wir weiter so :-)Die „Angstszenarien“ heute – ich bin absolut deiner Meinung , Angst lähmt. (Ein toller Fim von Fassbinder!) Ich hatte aus diesem Grund hier das Thema „Bevor die Welt untergeht“ aufgemacht, weil ich weg möchte von dieser Lähmung......-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Dresden: ist deshalb heraus gehoben in der Wahrnehmung, weil die Engländer hier ein Kriegsverbrechen begangen haben! Das für sich selbst anzuerkennen, als Teil der englischen Geschichte, hat bei ihnen auch ganz schön gedauert.... Schuld annehmen können ist eine so wahnsinnig große Herausforderung.... (>>> wieder ein Aspekt zum Thema Befehl, Gehorsam, Gewissen: als einzelner Schütze damit zu leben, Anteil gehabt zu haben, 25.000 Flüchtlinge umgebracht zu haben....)Kaffee und Schokolade: oh wie gut ich das verstehen kann, dass man das nicht mehr hören kann!Als aber nachgefragt wurde von GKUS64 war klar, dass das kommen musste. Denn das war eins der Klischees in den 50er und 60er Jahren über die DDR. Die Wessis hier haben einfach nur wahrheitsgetreu geantwortet. Wir wissen alle heute, dass das ein Klischee war! Zieht euch einfach diesen „Opfer-Schuh“ nicht an, nehmt es als Information zur Kenntnis . Es ging bei diesem Klischee nicht um die reellen Menschen in der DDR - Ihr wart gar nicht gemeint – sondern das Zerrbild einer DDR-Gesellschaft und Menschen, die ihr gar nicht wart. Das gilt für alle anderen Klischees auch – und natürlich auch für Klischees über Wessis!Dass du als Atheistin fastest ist kein Widerspruch :-)))Die Selbstreinigung hat so eine lange Kulturgeschichte. Menschen brauchen Rituale!!! Ich mache mir jetzt auch noch einen leckeren Kaffee:-)))Mit lieben Grüßen (verregneten! – Köln ist blöd!) in unsere schöne Hauptstadt!Barbara

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